Zellulärer Immunstatus - Interpretation

Allgemeines

Der zelluläre Immunstatus gibt Auskunft über relative und absolute Zahlen von Zellpopulationen (Mono-, Granulo- und Lymphozyten) und Lymphozytensubpopulationen im Blut. Interpretiert werden gewöhnlich die Absolutzahlen (Zellen/Mikroliter), mit Ausnahme der Aktivitätsbeurteilung (z.B. HLADR+/CD3+), wo der prozentuale Anteil betrachtet wird. Nachfolgend sind die wichtigsten, im zellulären Immunstatus erfassten Zellpopulationen und die häufigsten Ursachen für Abweichungen aufgeführt.

Hinweis: Die Normwerte sind altersabhängig. Nachfolgend sind die für Patienten zwischen dem 18. und 60. Lebensjahr angegeben.

Normwerte

Anstieg

Abfall

T-Lymphozyten
[CD3+]








  • reaktiv bei Aktivierung des Immunsystems v.a. in der Frühphase systemischer    Virusinfektion (gesteigerte Rezirkulation)
  • bei akutem Schub einer Autoimmunkrankheit
  • in der Frühphase bei Transplantatrejektion
  • bei T-Zell-Lymphomen
  • system. Virusinfektion (späte/chron. Phase)
  • zelluläre Immundefizienz
  • HIV-Infektion, maligne Tumore
  • immunsuppressive Therapie,
  • nach Chemo- und Strahlentherapie
  • im Alter (konstitutionell)




T-Helferzellen
[CD3+/CD4+]












  • frühes Zeichen bei immunologischer Aktivierung (Virusinfektion, Autoimmunkrankheit)
  • Sezary-Syndrom und andere T-Zellymphome
  • häufig, aber nicht obligat, bei Sarkoidose, multipler Sklerose, Leberzirrhose, juvenilem Diabetes mellitus, Hyper-IgE-Syndrom, SLE,    Rheumatoider Arthritis, Sjögren-Syndrom
  • Spätphase systemischer Virusinfektionen
  • chron.-pers. Virusinfekte (HBV, CMV, EBV)
  • HIV-Infektion, Leukämie, Tumor
  • floride Tuberkulose
  • längere therapeutische Immunsuppression und Tumor-Chemo/Strahlentherapie
  • im höheren Alter
  • konstitutionell





CD8-Lymphozyten
[CD3+/CD8+]







  • akute syst. Virusinfektionen (Effektorzellen)
  • chron. aktive Virusinfekte (HBV, HCV, CMV, EBV)
  • HIV-Infektion - Frühphase
  • multiples Myelom, Mb Behcet, CD8+ CLL
  • Blutabnahme-assoziierter Stress !!!
  • HIV-Infektion- Finalphase,
  • Leukämie, Tumore
  • längere therapeutische Immunsuppression und Tumor-Chemo/Strahlentherapie
  • im höheren Alter
  • konstitutionell bei 3-5% der Bevölkerung



"CD28-Status"

Verhältnis regulatorische CD8-Zellen [CD3+/CD8+/CD28+] zu zytotoxischen CD8-Zellen
[CD3+/CD8+/CD28-]

Die CD8-Lymphozyten wurden früher als Suppressorzellen bezeichnet. Das ist falsch. Mehr als 50% sind zytotoxische T-Lymphozyten (CD28+/CD8+) und eher der geringere Teil hat regulatorische Suppressorfunktion (CD28-/CD8+). Bei Immunaktivierung steigt der Anteil an zytotoxischen CD8-Zellen im Normalfall an. Bei Tumorpatienten ist ein relativer Anstieg zytotoxischer Zellen im Vergleich zu regulatorischen CD8-Zellen ebenfalls von Vorteil.
Bei Gesunden sollten beide Zellpopulationen im Normbereich sein.
Wichtig ist, dass die Zahl der zytotoxischen/regulatorischen CD8+ T-Zellen keine Aussage über deren tatsächliche Funktion gibt. Diese Aussage ist ausschließlich mit funktionellen Tests möglich.

CD4+/CD8+-Ratio













  • Frühphase systemischer Virusinfektionen
  • bei akutem Schub einer Autoimmunkrankheit
  • reaktiv bei einigen Tumoren (z.B. Magen)
  • T-Zell-Lymphome (CD4+)
  • fakultativ bei Krankheiten, die mit Gewebeinfiltration zytotoxischer T-Zellen assoziiert sind: MS, Enzephalitis, Kardiomyopathien,   Leberzirrhose, portale Fibrose, Primär billiäre Zirrhose
  • Spätphase systemischer Virusinfektionen
  • HIV-Infektionen
  • chronisch-persist. Infektionen (Viren,  intrazelluläre Bakterien, Parasiten)
  • idiopathische (non-HIV) CD4+ Lymphozytopenie
  • im Alter







B-Lymphozyten
[CD19+]



  • EBV-Infektion (Frühphase)
  • B-Zell-Lymphome (monoklonal)
  • B-Lymphozytose polyklonal (unklare Genese)

  • Immundefekte
  • Therapie mit B-Zell-depletierenden Antikörpern (z.B. Rituximab)
  • häufig konstitutionell, ohne Antikörper-Mangel ist das ohne Relevanz

Natürliche Killerzellen
[CD3-/CD16+/CD56+]






  • akute systemische Virusinfektionen
  • HIV-Infektion
  • NK-Zell-Lymphome (sehr selten)



  • Malignome
  • längere therap. Immunsuppression und    Tumor-Chemo-/Strahlentherapie
  • chronisch- persistierende Virusinfekte
  • primäre/sekundäre Immundefekte
  • häufig konstitutionell v.a. im höheren Alter
  • ! zirkadiane Rhythmik, ↓ abends/nachts

Unreife Lymphozyten
[CD3+/CD8+/CD4+]



Erhöhung bei gesteigerter Lymphozytopoese (reaktiv), seltener bei  lymphoproliferativen Erkrankungen, Befundkontrolle ist empfehlenswert.

Regulatorische CD4-Zellen (Treg)
[CD3+/CD4+/CD25++/CD127low]

Bei Tumorpatienten und im Verlauf von immunstimulierenden Therapien ungünstig aufgrund der suppressorischen Eigenschaften

im Rahmen von Autoimmunerkrankungen ungünstig, da autoreaktive Zellen nicht eliminiert werden

CD39+ Treg-Zellen




CD39-positive Treg-Zellen können proinflammatorisches Adenosintriphosphat (ATP) in immunsuppressives Adenosin umwandeln. CD39+ Treg-Zellen haben über diesen Mechanismus verstärkte regulatorische/immunsuppressive Eigenschaften. Insofern ist v.a. bei Tumor-Immunstimulation ein Anstieg dieser Zellfraktion als ungünstig zu bewerten.

CD31+ T-Zellen (Thymusreserve)
[CD3+/CD4+/CD45RA+/CD31+]




Hohe Werte sind als günstig anzusehen (gute Thymusrestfunktion, intakte Neuproduktion naiver T-Lymphozyten), evtl. Anstieg unter Therapie mit Thymusfaktoren



deutet auf eine verminderte Thymusreserve hin, d.h. weniger naive T-Zellen werden in die Peripherie abgegeben, mögliche Ursache persistierender Lymphozytopenien (Differenzierung ob es sich um einen erhöhten „Verbrauch“ durch chronische Infektion oder einen verminderten „Nachschub“ handelt), nach Thymektomie

Verhältnis Naive T-Zellen [CD3+/CD45RA+]
zu
Memory T-Zellen [CD3+/CD45RA-]

Mit zunehmendem Alter nimmt der Anteil an Memory-Zellen konstitionell zu. Erhöhte Werte deuten auf chronische Auseinandersetzungen des Immunsystems mit Antigenen hin (chronische Infektionen, persistierende Autoimmunprozesse).



Wichtig

Der zelluläre Immunstatus gibt keine Auskunft über die Funktionsfähigkeit der Zellpopulationen, da auch normale Zellzahlen einen funktionellen Immundefekt nicht ausschließen. Bei der Fragestellung nach einem "Immundefekt" sollten auch die Funktionsteste (LTT- Immunfunktion, NK- Funktionstest) veranlasst werden.